Fehlende Herstellergarantie als Mangel der Kaufsache
In einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs stellte dieser klar, dass die fehlende Herstellergarantie im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung vor der Schuldrechtsreform (1. Januar 2002) doch einen Sachmangel begründen kann.
Der Kläger hatte einen gebrauchten Pkw gekauft und einige Mängel aufgrund von Motorstörungen auf Basis der noch bestehenden Herstellergarantie reparieren wollen. Bei der Reparatur fiel dann auf, dass der Kilometerstand des Fahrzeuges manipuliert wurde, weshalb die Garantie entfiel. Im Anschluss begehrte der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages vom Verkäufer. Der Verkäufer lehnte dies ab.
Das Berufungsgericht hatte für die Zurückweisung der Berufung ausgeführt:
Dem Kläger stünden keine Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis zu. Er sei nicht zum Rücktritt berechtigt gewesen, weil das Fahrzeug keinen Sachmangel aufgewiesen habe. Das Nichteingreifen der Herstellergarantie aufgrund der offensichtlich unstreitigen Manipulationen am Kilometerstand vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger stelle keinen Sachmangel im Sinne von § 434 BGB dar. Denn bei der Herstellergarantie handele es sich nicht um eine Beschaffenheit des streitigen Fahrzeugs, da sie diesem nicht „anhafte“. Es handele sich lediglich um eine rechtliche Beziehung außerhalb der Kaufsache und habe in dieser nicht selbst ihren Grund. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( BGHZ 132, 320 ), die zwar zu der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform ergangen sei, jedoch fortgelte, weil der Beschaffenheitsbegriff durch die Schuldrechtsreform nicht verändert worden sei. Auch aus der in diesem Zusammenhang neu eingeführten Regelung des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB könne der Kläger nichts für sich herleiten. Dieser Vorschrift sei lediglich zu entnehmen, dass zur Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auch Eigenschaften einer Sache gehörten, die der Käufer nach öffentlichen Äußerungen namentlich des Verkäufers erwarten könne. Damit werde aber – ohne eine inhaltliche Änderung des Beschaffenheitsbegriffs lediglich die Art und Weise, wie eine Beschaffenheit der Kaufsache zum Vertragsinhalt werden könne, erweitert.
Diesen Ausführungen ist der BGH entschieden entgegen getreten. Er führt aus:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt das Bestehen einer Herstellergarantie in der Regel ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB (Beschaffenheitsvereinbarung) und § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB (Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung) dar, so dass dessen Fehlen – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dieser Vorschriften – einen Sachmangel begründet.
Das Bestehen einer Herstellergarantie bei einem Kraftfahrzeug stellt ein auf das Fahrzeug bezogenes rechtliches Verhältnis zwischen Fahrzeughalter und Fahrzeughersteller dar, in dessen Rahmen in der Regel gemäß den Garantiebedingungen Ersatz für die Kosten bestimmter Reparaturen geleistet wird. Damit handelt es sich um eine Beziehung der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache hat. Insbesondere kann das (Nicht-)Bestehen einer Herstellergarantie im Einzelfall von großem wirtschaftlichen Gewicht sein und entsprechend bedeutenden Einfluss auf den Wert eines Kraftfahrzeuges haben.
Der Rechtsstreit wurde daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Den Volltext der Entscheidung des BGH finden Sie hier.