Frist für Schadensersatz nach Mandatskündigung
Läuft ein Mandat nicht so, wie es eigentlich sein sollte, kommt eine Mandatskündigung in Betracht; aus Sicht des Mandanten ist dabei häufig und insbesondere bei gerichtlichen Verfahren mit Anwaltszwang ein Anwaltswechsel unerlässlich. Dabei stellt sich dann die Frage, ob der Mandant jetzt zwei Anwälte in derselben Sache bezahlen muss oder ob er von dem ersten Rechtsanwalt Schadensersatz bezogen auf die notwendige Vergütung des zweiten Rechtsanwalts verlangen kann.
Eine Kündigung eines anwaltlichen Mandatsvertrages ist im Prinzip ohne jeden Grund und auch ohne Begründung von jeder Partei gegenüber dem Vertragspartner jederzeit möglich. Die §§ 627 und 628 BGB machen jedoch die Vergütungsfrage und die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs vom Vorliegen eines Fehlverhaltens des Vertragspartners abhängig.
Ein Vertragspartner kann gemäß § 628 II BGB Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verlangen, wenn die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Vertragspartners veranlasst wurde. Welche Anforderungen an das „vertragswidrige Verhalten“ zu stellen sind, hatte der BGH bislang noch nicht klar entschieden. Freilich gibt es dennoch hierzu eine große Kasuistik, aus der gefolgert werden kann, dass nicht jedes Fehlverhalten einen Schadensersatzanspruch nach der Mandatskündigung nach sich ziehen wird sondern nur ein solches Verhalten, dass das Festhalten am Mandatsvertrag im Grunde unzumutbar macht.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.07.2020 dazu nunmehr die zusätzliche Voraussetzung aufgestellt, dass eine solche Kündigung dann aber auch innerhalb der Frist von zwei Wochen erfolgen muss, will man sich einen Schadensersatzanspruch offenhalten.
Anspruchsgrundlage für diesen auf den Ersatz der Mehrkosten des Anwaltswechsels gerichteten Schadensersatzanspruchs ist also § 628 II BGB. Vom Wortlaut her stellt dieser – ebenso wie § 628 I BGB im Hinblick auf den Vergütungsanspruch – darauf ab, ob sich der Anwalt vertragswidrig verhalten hatte. Das klingt anders als in § 626 BGB, der für die Kündigung einen „wichtigen Grund“ verlangt. Trotz des identischen Wortlauts in Abs. 1 und 2 des § 628 BGB meint der BGH in der genannten Entscheidung, das für den Schadensersatz erforderliche Auflösungsverschulden des Vertragspartners müsse – anders als das in § 628 Nr. 1 S. 2 BGB vorausgesetzte vertragswidrige Verhalten – das Gewicht eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 BGB haben.
Weitere Voraussetzung sei wegen des Bezugs zu § 626 BGB allerdings auch, dass die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen ausgesprochen werde (§ 626 II BGB). Diese Frist sei auch für den Anspruch nach § 628 II BGB maßgeblich; der BGH führt dazu aus: „Die Vorschrift des § 628 II BGB ist kein Auffangtatbestand für wegen Versäumung der Ausschlussfrist misslungene außerordentliche Kündigungen.“
Für die Praxis folgt hieraus, dass der Mandant schnell reagieren muss. Wenn also der Rechtsanwalt tatsächlich einen wichtigen Grund für eine Mandatskündigung geliefert hat, muss der Mandant auch innerhalb der zweiwöchigen Frist kündigen, um sich den Schadensersatzanspruch wegen der Mehrkosten des Anwaltswechsels zu erhalten.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.