Sittenwidrig hohes Anwaltshonorar
Im Bereicht des Anwaltshaftungsrechts werden häufig auch die anwaltlichen Vergütungen thematisiert. Zwar ist dies im Grunde keine Frage des Haftungsrechts. Jedoch treten solche Gebührenstreitigkeiten in der Regel auch im Zusammenhang mit dem Haftungsrecht auf. Wenn der Mandant der Auffassung ist, der Anwalt habe schlecht gearbeitet, ist er in der Regel auch nicht bereit, hierfür auch noch eine Vergütung zu entrichten.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wann die Vergütung des Rechtsanwalts zu hoch ist und was der Mandant deswegen unternehmen kann.
Der Mandant kann die Vergütung des Anwalts zurück fordern oder mindern, wenn entweder die Vergütungsvereinbarung bereits sittenwidrig ist oder die Vergütung unangemessen hoch ausfällt.
Ob ein für die Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung sprechendes auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung des Anwalts und dem vereinbarten Honorar besteht, hängt davon ab, welche Vergütung nach Umfang und Schwierigkeit der im Rahmen des konkreten Mandats geschuldeten anwaltlichen Tätigkeit marktangemessen und adäquat ist. Die gesetzlichen Gebühren stellen hierbei ein Indiz dar. Die tatsächliche Vermutung, dass ein Honorar unangemessen hoch ist, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das 5-fache übersteigt, gilt auch für zivilrechtliche Streitigkeiten. Der Anwalt kann die Vermutung aber entkräften.
In einem jüngst entschiedenen Fall hatte der Rechtsanwalt rd. 25.000 € als Pauschalhonorar für die Vertretung der Mandanten in einer Kindschaftssache verlangt. Nachdem ein Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer eingeholt wurde, stand fest, dass diese pauschale Vergütung die gesetzliche Vergütung um mehr als das Sechsfache überstieg. Die Mandanten forderten die Differenz zwischen der gesetzlichen und der vermeintlich sittenwidrig vereinbarten Vergütung zurück.
Der BGH wies in seinem Urteil vom 10. November 2016 die Revision der Mandanten zurück.
Für den Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB genügt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein nicht. Erforderlich ist darüber hinaus, dass der Gläubiger die beim Schuldner bestehende, von § 138 Abs. 2 BGB näher bestimmte Schwächesituation ausgenutzt hat. Dies sei im Fall nicht ersichtlich. Dieser Ausbeutungsvorsatz kann bei § 138 Abs. 2 BGB nicht allein aus dem auffälligen Missverhältnis gefolgert werden.
Eine Vergütungsabrede ist nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und weitere Umstände hinzutreten, welche die Sittenwidrigkeit begründen, insbesondere etwa eine verwerfliche Gesinnung oder die Ausbeutung der schwierigen Lage oder Unerfahrenheit für das eigene unangemessene Gewinnstreben.
Daher muss der Mandant, der ein sittenwidrig überhöhtes Entgelt behauptet, zu dem Preis vortragen, welcher der vom Anwalt versprochenen Leistung üblicherweise im sonstigen Geschäftsverkehr zukommt. Die gesetzlichen Gebühren allein sind vielfach keine ausreichende Vergleichsgrundlage für ein den Schluss auf eine Sittenwidrigkeit ermöglichendes Missverhältnis, weil sie nicht in allen Fällen die marktangemessene, adäquate Vergütung für die aufgrund eines konkreten Mandats geschuldete Leistung des Anwalts abbilden sollen, sondern auf einer anderen Grundlage festgesetzt werden. Deshalb genügt für sich genommen auch das mehrfache Überschreiten der gesetzlichen Gebühren nicht, um den Schluss auf ein auffälliges oder gar besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 138 BGB ziehen zu können.
Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Frage, ob ein für Sittenwidrigkeit sprechendes Missverhältnis vorliegt, stets der nach dem Anwaltsvertrag geschuldete tatsächliche Aufwand, insbesondere Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Frage, welche Vergütung im konkreten Fall marktangemessen ist, hat das Gericht alle für und gegen ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung des Anwalts und dem vereinbarten Honorar sprechenden Indizien im jeweiligen Einzelfall zu würdigen. Wenn der Rechtsanwalt wie im Fall geschehen also beispielsweise einen besonderen Umfang oder eine besondere Schwierigkeit der Angelegenheit beweisen kann, so kann die Vermutung der Sittenwidrigkeit widerlegt werden.
Fazit: Ob die Vergütung des Rechtsanwalts überhöht ist, muss anhand der konkreten Besonderheiten des Falles einerseits und aus einem Vergleich mit der marktüblichen Vergütung andererseits festgestellt werden.