Was darf ein Rechtsanwalt kosten?
Das anwaltliche Vergütungssystem wird im länderübergreifenden Vergleich als recht transparent bewertet. Für viele Mandanten bestehen trotzdem erhebliche Unsicherheiten darüber, was die anwaltliche Leistung kosten kann/darf.
Bei Fragen zu den Kosten des Anwalts oder sonstigen Gebührenstreitigkeiten unterstützen wir Sie gern. Bitte nehmen Sie hierzu Kontakt zu uns auf.
An dieser Stelle seien die Grundzüge der anwaltlichen Vergütung kurz dargestellt. Es bestehen im Grunde grob gesagt lediglich zwei Möglichkeiten – die Abrechnung aufgrund einer Vergütungsvereinbarung oder aufgrund der gesetzlichen Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) ist durch das RVG im Jahre 2004 abgelöst worden.
Zur Vergütungsvereinbarung:
Hier gibt es unterschiedliche Varianten. Sehr bekannt ist natürlich eine Stundensatzvereinbarung. Denkbar ist aber auch eine Vereinbarung, die die Vergütung nach dem RVG schlichtweg modifiziert, z.B. dadurch, dass ein Vielfaches der gesetzlichen Vergütung vereinbart wird oder der der gesetzlichen Vergütung zugrunde liegende Streit-/Gegenstandswert vereinbart wird.
Vergütungsvereinbarungen bedürfen nach § 3a Abs. 1 RVG der Textform (Email genügt daher). Sie müssen als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen, mit Ausnahme der Auftragserteilung, deutlich abgesetzt sein und dürfen nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie haben einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.
Entspricht die Vergütungsvereinbarung nicht den Formvorschriften, kann der Rechtsanwalt nach § 4b RVG keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern.
Inhaltlich gilt, dass eine höhere als die gesetzliche Vergütung grundsätzlich immer vereinbart werden kann. Grenzen sind hier die Sittenwidrigkeit oder Unangemessenheit der Vergütungsvereinbarungen. Die gesetzliche Vergütung darf jedoch in gerichtlichen Verfahren nicht unterschritten werden. Die Vereinbarung einer niedrigeren als der gesetzlichen Vergütung ist gem. § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 RVG nur für außergerichtliche Angelegenheiten und unter bestimmten Voraussetzungen für das gerichtliche Mahnverfahren sowie für einen Teil des Zwangsvollstreckungsverfahrens zulässig.
Die Vergütung muss in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen. Dies ist für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen.
Als Anhaltspunkt für die Angemessenheit kann der Beschluss der 51. Tagung der Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammern vom 24. September 2005 dienen, wonach eine Vereinbarung, die beinhaltet, dass das Fünf- bis Sechsfache der gesetzlichen Höchstgebühr nicht überschritten wird, nicht unangemessen ist.
Wird eine Zeitvergütung oder eine Pauschalvergütung vereinbart, ohne dass absehbar ist, ob die gesetzlichen Gebühren möglicherweise höher ausfallen könnten, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Vereinbarung den Passus enthält, dass mindestens die gesetzlichen Gebühren geschuldet werden.
Zu den gesetzlichen Gebühren:
Das RVG setzt sich zunächst aus dem Gesetzestext und zusätzlich dem Vergütungsverzeichnis zusammen. Der Gesetzestext enthält die allgemeinen gebührenrechtlichen Vorschriften, das Vergütungsverzeichnis die einzelnen Gebührentatbestände.
Im zivil- und verwaltungsrechtlichen Bereich berechnen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert. Durch dieses System aufwandsunabhängiger Vergütung soll die so genannte Quersubventionierung gewährleistet werden. Mandate mit hohem Gegenstandswert sollen finanziell den im Verhältnis hohen Arbeitsaufwand bei Mandaten mit geringem Gegenstandswert ausgleichen – eine Mischrechnung.
Das anwaltliche Gebührenrecht ist durch die gesetzlich vorgesehenen weiten Gebührenrahmen recht flexibel. Es ist auch leistungsgerecht, da es die einzelnen Tätigkeiten des Rechtsanwalts entweder durch ausdrückliche Vorschriften oder durch weite Gebührenrahmen berücksichtigt. Feste Gebühren sind nur dort vorgesehen, wo sie aus Gründen der Kostenerstattung oder wegen der gesonderten Regelung für Prozesskostenhilfe oder Pflichtverteidigung notwendig sind.
Das RVG sieht unterschiedliche Gebührenarten vor: Fest- und Rahmengebühren. Die Rahmengebühren sind entweder gegenstandswertabhängig, sogenannte Satzrahmengebühren, oder es werden ein Mindest- und ein Höchstbetrag vorgegeben, sogenannte Betragsrahmengebühren. Die Höhe der gegenstandswertabhängigen Gebühr ist der Gebührentabelle als Anlage zu § 13 RVG zu entnehmen.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Der Mandant beauftragt den Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens. Der Schaden beträgt EUR 10.000,00 und stellt damit den Gegenstandswert dieses zivilrechtlichen Mandats dar.
Der Rechtsanwalt kann jedenfalls eine Geschäftsgebühr gemäß Ziff. 2300 VV RVG abrechnen. Diese Geschäftsgebühr hat einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5. Das Gesetz bestimmt aber, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. In „normalen“ Angelegenheiten wird daher überwiegend die 1,3-Gebühr in Ansatz gebracht. Diese beträgt unter Anwendung des ab 1. August 2013 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes EUR 725,40. Zusätzlich kann der Rechtsanwalt Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von EUR 20,00 berechnen und muss auf seine Gebühren die Umsatzsteuer erheben.
Zum Sonderfall des Erfolgshonorars:
Die Vereinbarung von Erfolgshonoraren ist grundsätzlich nicht gestattet. 49b Abs. 1 S. 1 BRAO bestimmt hierzu:
„Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), sind unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt.“
Die Ausnahme von diesem grundsätzlichen Verbot ist in § 4 a RVG geregelt.
„Ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 der BRAO) darf nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. In einem gerichtlichen Verfahren darf dabei für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.“
Liegen diese Voraussetzungen vor, muss die Vereinbarung die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, sowie die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll, enthalten. In der Vereinbarung sind außerdem die wesentlichen Gründe anzugeben, die für die Bemessung des Erfolgshonorars bestimmend sind. Ferner ist ein Hinweis aufzunehmen, dass die Vereinbarung keinen Einfluss auf die gegebenenfalls vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten, Verwaltungskosten und die von ihm zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter hat.