Der erkrankte Einzelanwalt
Rechtsanwälte, die als Einzelanwalt ohne Mitarbeiter tätig sind, treffen gesteigerte Sorgfaltsanforderungen, was Ihren Kanzleibetrieb anbelangt. Insbesondere hat der Rechtsanwalt für den Fall Vorkehrungen zu treffen, dass er krankheitsbedingt Fristen nicht einhalten kann.
In einem Beschluss des Bundesgerichtshofs BGH VI ZB 43/18 wird zu dieser Konstellation ausgeführt:
Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, zum Beispiel durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen. Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann.
Ein Rechtsanwalt muss, wenn er unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist. Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sich darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren und um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten. Für die Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags ist deshalb die Darlegung und Glaubhaftmachung notwendig, dass aufgrund der Erkrankung selbst diese Maßnahme nicht möglich oder zumutbar war bzw. – bei pflichtgemäßem Treffen der allgemeinen Vorkehrungen – gewesen wäre.
Bereits zuvor hatte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20.12.2017 – XII ZB 213/17 – ausgeführt, dass es an einer schuldhaften Pflichtverletzung des Rechtsanwalts nur dann fehle, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte.
Ergänzt wird diese Rechtsprechungslinie durch die frühere Entscheidung des BGH (VI ZB 44/16) vom 10.04.2018. In dieser Entscheidung ging es um einen Einzelanwalt, der plötzlich an einem Burnout erkrankt war und hatte die Frist für die Berufungsbegründung versäumt. Nach der Entscheidung des BGH hätte der Anwalt rechtzeitig im Zustand der Gesundheit die für einen überraschenden Krankheitsfall gebotenen Absprachen treffen und vertretungsbereite Anwaltskollegen beauftragen müssen. Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.