Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in Verbraucherdarlehensverträgen und ihre günstigen Folgen
Auf einen Blick:
Verbraucher, die nach dem 1. November 2002 einen Darlehensvertrag (insbesondere für eine Immobilienfinanzierung) abgeschlossen haben, können ihren Darlehensvertrag möglicherweise vorzeitig beenden und damit ihre Zinsbelastung senken und zwar ohne dass dabei eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Hierzu müsste eine Umschuldung erfolgen, mit der die verbleibende Darlehenssumme neu, aber aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase zu deutlich günstigeren Konditionen finanziert wird.
Verbraucher, die ihr Darlehen bereits vollständig zurückgezahlt und dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt haben, können diese eventuell zurückfordern.
Hintergrund sind Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, nach denen viele früher verwendete Widerrufsbelehrungen bei Darlehensverträgen fehlerhaft sind. Bei einer solchen fehlerhaften Widerrufsbelehrung beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen. Ein Widerruf kann daher noch Jahre nach Vertragsabschluss erfolgen.
Nach Einführung des Widerrufrechts für Immobilien-Darlehensverträge hat der Gesetzgeber den Banken Textbausteine – sogenannte Musterwiderrufsbelehrungen – zur Verfügung gestellt, mit denen sie ihre Verträge entsprechend anpassen konnten. Fest steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass entweder bereits die Musterwiderrufsbelehrung (z.B. aus den Jahren 2002 oder 2004) fehlerhaft ist oder die Banken bei der Übernahme der Muster eigene Fehler produziert haben. Soweit die Bank den jeweilig gültigen Mustertext vollständig und ohne Abweichungen übernommen hat, ist ihr daraus kein Vorwurf zu machen; hat die Bank jedoch inhaltliche oder redaktionelle Änderungen an der von ihr verwendeten Widerrufsbelehrung vorgenommen oder ein altes Muster verwendet, besteht eine ganz erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass diese Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist und der Vertrag noch widerrufen werden kann, weil die 14-tägige Widerrufsbelehrung nicht wirksam in Gang gesetzt worden ist.
Nach Auskunft der Hamburger Verbraucherzentrale, die eine Vielzahl von Darlehensverträgen aus den entsprechenden Zeiträumen geprüft hat, sind etwa 80 Prozent aller Widerrufsbelehrungen fehlerhaft gewesen.
Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes befassen sich mit Verträgen über Lebensversicherungen bis hin zum über das Internet abgewickelten Kaufvertrag. Im Ergebnis ist diese Rechtsprechung auf Immobiliendarlehen übertragbar. Da die Widerrufsbelehrungen der jeweiligen Banken unterschiedlich waren, muss aber jede Belehrung gesondert geprüft werden. Insofern werden Sie bei einem Widerruf Ihres Darlehens mit heftigem Widerstand der Bank rechnen müssen. Nach unseren Erfahrungen liegt die Erfolgsquote beim Vorgehen gegen die Bank ohne einen Rechtsanwalt quasi bei null. Sofern die Banken überhaupt reagieren, dann mit einer Ablehnung.
1. Wozu dient das Widerrufsrecht? Verbrauchern steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht zu (§§ 495, 355 BGB). Sie bekommen dadurch eine Bedenkzeit von 14 Tagen, währenddessen sie den Vertrag widerrufen können. Die Belehrung über das Widerrufsrecht muss eindeutig, umfassend und grafisch vom übrigen Vertragstext abgehoben sein. Zudem muss der Text auf die Folgen des Widerrufs hinweisen und angeben, an wen er zu richten ist. Sie sollen durch die Belehrung nicht nur von ihrem Widerrufsrecht erfahren, sondern auch faktisch in die Lage versetzt werden, es auszuüben.
2. Welche konkreten Fehler haben die Widerrufsbelehrungen der Banken? Die Verwendung der Formulierung aus der Musterwiderrufsbelehrung 2002 ist unzureichend. Dort wird formuliert: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Der Verbraucher kann hier der Verwendung des Wortes „frühestens“ zwar entnehmen, dass der Beginn der Widerrufsfrist noch von weiteren Voraussetzungen abhängt. Er wird aber im Unklaren darüber gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt. Das Wort „frühestens“ erzeugt Unklarheit und suggeriert dem Darlehensnehmer fälschlicherweise, die Frist könne eventuell auch später beginnen. Häufig wurde das gesetzliche Muster mit Zusätzen, Ergänzungen, vermeintlichen Klarstellungen oder auch gestalterischen Elementen so verändert, dass die Belehrung insgesamt fehlerhaft wurde. Ergänzende Formulierungen, die für den Kreditnehmer verwirrend und unverständlich sind, machen eine Belehrung fehlerhaft. Wurden bei der Widerrufsbelehrung veraltete Muster verwendet und auf veraltete Rechtsvorschriften verwiesen, ist die Belehrung ebenfalls fehlerhaft. Banken können sich nicht auf die Schutzwirkung der Musterbelehrungen berufen, wenn das bei Vertragsschluss verwendete Muster keine Gültigkeit mehr hat. Der Gesetzgeber hat das Muster seit 2002 sieben Mal verändert, oft mit zeitlichen Überschneidungen. In der Zeit vom 11. Juni 2010 bis 29. Juli 2010 lag sogar überhaupt kein Muster des Gesetzgebers vor.
Was bieten wir unseren Mandanten? Unsere Mandanten erhalten eine kostenlose Ersteinschätzung zur Wirksamkeit ihrer Widerrufsbelehrung. Hierzu sollten Sie Ihren Darlehensvertrag am besten per Email als eine PDF-Datei an unsere Kontaktadresse senden. Unsere Bearbeitungszeiten liegen deutlich unter denen der Verbraucherzentrale (mind. 14 Wochen) oder anderer Kanzleien (3-4 Wochen). In der Regel erhalten Sie innerhalb von 5 Werktagen, häufig sogar schneller, ein Ergebnis unserer Prüfung sowie eine konkrete Empfehlung zum weiteren Vorgehen.