Kündigung wegen Zahlungsverzuges im Wohnraummietrecht wirksam?
Im Falle einer Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges fragen uns viele Mieter:“ Was kann ich gegen die fristlose Kündigung machen?“
Manche Vermieter fragen uns:“Wie spreche ich eine wirksame Kündigung wegen Zahlungsverzuges aus? Kann diese Kündigung nachträglich unwirksam werden?“
In diesem Artikel stellen wir zum einen die Grundsätze der Kündigungsmöglichkeiten wegen Zahlungsverzuges im Wohnraummietrecht dar und auch, wie der Mieter eine ausgesprochene fristlose Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzuges nachträglich unwirksam machen kann. Zum anderen informiert dieser Artikel über mögliche Fallstricke, auf die sowohl Vermieter als auch der Mieter dabei zu achten haben.
Den meisten Vermietern und Mietern ist bekannt, dass ein erheblicher Zahlungsverzug des Mieters dazu führen kann, dass der Vermieter berechtigt ist, das Mietverhältnis außerordentlich zu kündigen. Vielen ist sogar bekannt, dass die Schwelle hierfür im Wohnraummietrecht insbesondere ein Verzug mit zwei Monatsmieten ist (insoweit geregelt in §§ 543, 569 BGB).
Weniger bekannt ist aber, dass der Mieter auch nach Ausspruch einer berechtigten außerordentlichen Kündigung durch den Mieter wegen Zahlungsverzugs die Möglichkeit hat, die Kündigung aufgrund seines Nachholrechts unwirksam werden zu lassen. Hierzu heißt es in § 569 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB:
Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Selbst wenn der Vermieter also bereits einen Räumungsanspruch eingeklagt hat, besteht binnen der vorgenannten Frist die Möglichkeit, dass der Mieter die außerordentliche Kündigung durch vollständigen Ausgleich der offenen Forderungen des Vermieters unwirksam werden lässt.
Rechtsfolge ist dann, dass zwar der Räumungsanspruch entfällt. Der Mieter muss allerdings die bis dahin entstandenen Rechtsverfolgungskosten tragen, was im Verhältnis zum abgewendeten Verlust der Wohnung den meisten Mietern aber als annehmbar erscheinen wird.
Mehrfach kann sich der Mieter auf diese Weise aber nicht einer außerordentlichen Kündigung entziehen. Insoweit regelt § 569 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB, dass das vorgenannte Nachholrecht nicht gegeben ist, wenn innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren vor der Zustellung der aktuellen Kündigung, ein Mieter bereits eine zurückliegende Kündigung aufgrund seines Nachholrechts unwirksam gemacht hat.
Wenn Sie bis hierhin gelesen haben und sich jetzt sagen, „das wusste ich doch schon alles“, dann können wir Sie vielleicht noch überraschen:
Die spannende Frage ist nämlich, welche offenen Forderungen des Vermieters denn im Falle einer berechtigten Minderung des Mieters ausgeglichen werden müssen, um sich auf das Nachholrecht berufen zu können.
Denn nicht selten wendet der Mieter im Mietrechtsstreit ein, dass Mietmängel bestehen und die Miete daher gemindert sei. Ob dies berechtigt erfolgt oder nicht, lässt sich häufig erst im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens klären. Wenn der Mieter aber die außerordentliche Kündigung des Vermieters durch Zahlung der fälligen Miete innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage unwirksam machen will, fragt sich, ob „fällige Miete“ sich auf die geminderte oder die vertraglich ursprünglich vereinbarte Miete bezieht.
Der BGH hat diese Frage kürzlich erneut eindeutig geklärt. Abzustellen ist nämlich nicht auf die geminderte Miete und die hieraus berechneten offenen Forderungen, sondern immer auf die laut Mietvertrag vereinbarte Gesamtmiete. Zahlt der Mieter daher nur die Miete auf Basis der nach seiner Ansicht berechtigten Mietminderung, so läuft er Gefahr, dass hierdurch die außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges nicht unwirksam gemacht werden kann.
Hierzu führt der BGH in seinem Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 193/16 – aus:
„…Miete im Sinne der § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a , § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB und damit Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten Rückstand ist nicht die geminderte Miete, sondern die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete… Der Gesetzgeber ist dem Interesse des vertragsuntreuen Mieters, der einen erheblichen Mietrückstand hat auflaufen lassen, dadurch entgegengekommen, dass er ihm mit § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB die Möglichkeit der Nachholung der rückständigen Zahlungen bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung eingeräumt hat, um im Falle einer bis dahin erfolgenden Befriedigung des Vermieters eine auf den Mietzahlungsverzug gestützte außerordentliche fristlose Kündigung auszuschließen. Dem Vermieter wird eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem vertragsuntreuen Mieter mithin nur dann zugemutet, wenn die gesamten Mietrückstände ausgeglichen werden.“
Aber Vorsicht! Das Nachholrecht ist eine spezielle Regelung des Wohnraummieters, die sich nur auf eine wegen Zahlungsverzugs gestützte außerordentlich fristlose Kündigung bezieht. Wenn der Vermieter nur ordentlich kündigt oder aber die außerordentliche Kündigung mit einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung verbindet, scheidet das Nachholrecht in Bezug auf die ordentliche Kündigung aus. Hierzu führt der BGH in seinem Urteil vom 16.2.2005 – VIII ZR 6/04 – aus:
„…Kündigt der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis gem §§ 543 I, II 1 Nr. 3a, 569 III Nr. 1 BGB wegen Zahlungsverzugs des Mieters fristlos sowie hilfsweise fristgemäß, lässt die nachträgliche Zahlung der Rückstände innerhalb der Frist des § 569 III Nr. 2 BGB zwar die außerordentliche Kündigung unwirksam werden, nicht dagegen auch ohne weiteres die ordentliche Kündigung. Die nachträgliche Zahlung ist jedoch bei der Prüfung, ob der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 II Nr. 1 BGB) zu berücksichtigen…
Vermieter und Mieter sollten daher bei einer außerordentlichen Kündigung in Bezug auf das Nachholrecht genau prüfen, ob die ggf. berechtigt geminderte Miete oder die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete nach der Kündigung ausgeglichen wurde, da nur letzteres die Anforderungen des Nachholrechts des Mieters erfüllt. Bei einer (ggf. hilfsweise) ausgesprochenen ordentlichen Kündigung scheidet das Nachholrecht grundsätzlich aus, die nachträgliche Zahlung kann dann nur im Rahmen einer Abwägung vom Gericht berücksichtigt werden.
Sollten Sie hierzu oder zu anderen mietrechtlichen Themen Hilfe benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.