Strafbarkeit des Anwalts wegen Fremdgeldmissbrauchs
Aus unserer täglichen Praxis im Bereich des anwaltlichen Berufsrechts und des Anwaltshaftungsrechts kommen uns gelegentlich Fälle zu Ohren, bei denen den Mandanten übel mitgespielt worden ist. Hin und wieder sind dabei auch Fälle vertreten, die das Bild des redlichen Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege bröckeln lassen. Bei Verfehlungen eines Rechtsanwalts ist zwischen drei Bereichen zu unterscheiden:
- Pflichtverletzungen aus dem Mandatsvertrag
- Verstöße gegen das anwaltliche Berufsrecht
- strafrechtlich relevantes Verhalten
Dem Bundesgerichtshof lag in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2015 ein Fall zugrunde, bei dem ein Rechtsanwalt wegen Untreue und Betruges verurteilt wurde. Der Rechtsanwalt hatte erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, die ihn dazu veranlassten, sich mehrere Darlehen geben zu lassen, obwohl er wusste, dass er diese nicht zurückzahlen konnte. Er wurde hier in 19 Fällen wegen Betruges verurteilt. Ferner vereinnahmte er auf seinen bereits im Soll befindlichen Geschäftskonten Fremdgelder, die er nicht unverzüglich weiterleitete, sondern zur Befriedigung anderer Verbindlichkeiten und zum Lebensunterhalt einsetzte. Der Anwalt wurde deswegen in 76 Fällen wegen Untreue verurteilt.
In rechtlicher Hinsicht gilt: Für den Mandanten oder einen von diesem bestimmten Empfänger eingehende Gelder hat der Rechtsanwalt unverzüglich zu übermitteln oder, falls dies ausnahmsweise nicht sofort durchführbar ist, den Mandanten hiervon sofort in Kenntnis zu setzen und dafür Sorge zu tragen, dass ein dem Geldeingang entsprechender Betrag bei ihm jederzeit für den Berechtigten zur Verfügung steht. Ein Rechtsanwalt, der sich im Rahmen eines bestehenden Anwaltsvertrages zur Weiterleitung bestimmte Fremdgelder auf sein Geschäftskonto einzahlen lässt und weder uneingeschränkt bereit noch jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren, macht sich der Untreue in der Variante des Treuebruchtatbestandes (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) strafbar.
Untreue kann durch den Rechtsanwalt durch aktives Tun wie auch durch Unterlassen begangen werden. Verwirklicht er den Tatbestand ausschließlich dadurch, dass er pflichtwidrig dem Mandanten oder einem Dritten zustehende Gelder nicht weiterleitet, sondern auf seinem Geschäftskonto belässt, so ist hierauf die Strafmilderungsvorschrift des § 13 Abs. 2 StGB anwendbar, denn der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt hier in einem Unterlassen.
Im vorliegenden Fall hatte der Rechtsanwalt demnach Verfehlungen aus allen drei Bereichen begangen.