Unsubstantiierter Vortrag im Prozess
In gerichtlichen Verfahren ist der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber besonders gehalten, dass die zu seinen Gunsten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermittelt und bei der Entscheidung des Gerichts rechtzeitig berücksichtigt werden. Hierzu gehört es, den Sachvortrag im Prozess „substantiiert“ zu gestalten. Gemeint ist damit, die Tatsachen konkret in das Verfahren eingebracht werden müssen. Pauschale und unzureichende Darstellungen müssen nicht beachtet werden.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass sich Rechtsanwälte im „Eifer des Gefechts“ häufig gegenseitig unsubstantiierten Vortrag vorwerfen, was rechtlich und tatsächlich des Öfteren überhaupt nicht zutrifft und eher der „Stimmungsmache“ dient.
Tatsächlich unsubstantiierter Vortrag resultiert zumeist aus Fehlern bei der Ermittlung des Sachverhalts und der Beweismittel und führt in der Regel dazu, dass der Prozess nicht gewonnen werden kann. Der Anwalt ist verpflichtet, beim Mandanten nachzufragen oder weitere Informationen anzufordern, wenn er entscheidungserhebliche Tatsachen nicht kennt oder wesentliche Umstände, die zur Anspruchsbegründung dienen, nicht vorliegen.
Gleiches gilt für Beweismittel. Wenn es im Gerichtsverfahren streitentscheidend auf eine bestimmte Tatsache ankommt, so muss der Rechtsanwalt aus Sicherheitsgründen vom ungünstigsten Verlauf ausgehen – nämlich, dass die Gegenseite den Sachvortrag des eigenen Mandanten bestreiten wird. Es ist dann vorab zu klären, wen die Beweislast für die Behauptung/Tatsache trifft und ob diese tatsächlich bewiesen werden kann. Liegen für entscheidungserhebliche Umstände keinerlei Beweismittel vor, so werden die Erfolgsaussichten für ein gerichtliches Verfahren nicht hoch ausfallen können. Der Rechtsanwalt wird in solchen Konstellationen eher von einem Klageverfahren abraten müssen.
Der Rechtsanwalt kann sich jedoch schadensersatzpflichtig machen, führt er ohne Weiteres ein Klageverfahren, ohne die erforderlichen Informationen zu besitzen, die zur Begründung des Klageanspruchs erforderlich sind. Anders kann es aussehen, wenn der Mandant unbedingten Klageauftrag erteilt und die berechtigte Aussicht besteht, dass die Informations- oder Beweisdefizite im weiteren Verlauf des Prozesses behoben werden können (was jedoch eher die Ausnahme darstellt). Weiter kann dem Mandanten ein Schadensersatzanspruch gegen seinen Rechtsanwalt zustehen, wenn dieser ihm trotz schlechter Informations- oder Beweislage zum Prozess rät und dieser aus denselben Gründen verloren geht. Diese Pflichtverletzung wird als das Führen aussichtsloser Prozesse bezeichnet. In derselben Weise kann der Rechtsanwalt unter Umständen in Regress genommen werden, rät er dem Mandanten auf konkrete Nachfrage nicht von einem Prozess ab.