Zur Wirksamkeit einer Terminsladung an den Anwalt
Im Prozessrecht gibt es mehrere Möglichkeiten, wie zu verfahren ist, wenn einer der Verfahrensbeteiligten nicht zum Termin erscheint. Mitunter kann sogar in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt oder der Beklagte auch dann verurteilt werden, wenn er nicht anwesend ist.
Wegen dieser doch erheblichen Möglichkeiten ist es erforderlich, dass nachgewiesen werden kann, dass der Betroffene überhaupt eine Ladung zum Termin erhalten hat. Das Prozessgericht trifft hierzu die Beweislast.
Ist beispielsweise eine Partei anwaltlich vertreten, genügt für den Nachweis des Zugangs der Terminsladung, dass die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis erfolgt. Das Empfangsbekenntnis des Rechtsanwalts gemäß § 174 ZPO ersetzt die Zustellungsurkunde nach § 182 ZPO. Für die Wirksamkeit der Zustellung kommt es weiter darauf an, dass der Rechtsanwalt selbst Kenntnis vom Zugang des zuzustellenden Schriftstücks erlangt hat.
Aus diesem Grunde ist es problematisch, wenn die Sekretärin des Anwalts selbst das Empfangsbekenntnis ausfüllt, im Namen des Anwalts unterschreibt und an das Gericht zurück sendet. Mitunter weiß der Rechtsanwalt tatsächlich noch überhaupt nichts vom Inhalt des Schriftstücks. Der Rechtsanwalt hat jedoch grundsätzlich für das Verhalten seiner Sekretärin als Erfüllungsgehilfin einzusetehen. Hieraus kann sich ein Fall der Anwaltshaftung entwickeln.
Mit Beschluss vom 27. Juli 2015 hatte das Bundesverwaltungsgericht einen ähnlichen Fall zu entscheiden, bei dem in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren ohne den Kläger und seinen Rechtsanwalt zu deren Lasten entschieden wurde, weil diese im Termin nicht anwesend waren. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren finden für die Zustellung die Vorschriften der Zivilprozessordnung Anwendung.
Der Rechtsanwalt machte mit einer Beschwerde beim BVerwG einen erheblichen Verfahrensfehler geltend. Es konnte nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden, ob der Rechtsanwalt die Terminsladung erhalten hatte. Dieser hatte jedenfalls eine solche Ladung bestritten. Das Gericht führte zwar aus, es habe im Termin die ordnungsgemäße Ladung dadurch festgestellt, dass es in der Akte das Empfangsbekenntnis des Rechtsanwalts über den Erhalt der Terminsladung gesichtet hätte. Später konnte dieses Empfangsbekenntnis jedoch nicht mehr gefunden werden, sodass das Gericht für den Nachweis ordnungsgemäßer Ladung beweisbelastet blieb. Daher war zugunsten des Klägers und seines Rechtsanwalts davon auszugehen, dass die Ladung tatsächlich doch nicht erfolgt war, denn es war nicht unwahrscheinlich, dass sich in der Akte tatsächlich ein anderes Empfangsbekenntnis befunden hatte.
Rechtlich bleibt festzuhalten: Wird eine Ladung zur mündlichen Verhandlung an einen Rechtsanwalt durch Empfangsbekenntnis zugestellt, kommt es für die Wirksamkeit der Zustellung darauf an, dass der Rechtsanwalt selbst Kenntnis vom Zugang des zuzustellenden Schriftstücks genommen hat. Bestreitet der Rechtsanwalt den Empfang der Ladung und ist das Empfangsbekenntnis nicht auffindbar, bedarf es eines sonstigen zweifelsfreien Nachweises, dass der Rechtsanwalt die Ladung erhalten hat. Das Gericht trägt die verfahrensrechtliche Beweislast für den Zugang der Ladung.