BGH Urteil vom 28.10.2015 – IV ZR 526/14
- Die Anrufung einer Gütestelle zum Zwecke der Verjährungshemmung ist rechtsmissbräuchlich, wenn schon vor der Einreichung des Güteantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat.
- In diesem Fall ist es dem Gläubiger gem. § BGB § 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verjährung durch Bekanntgabe des Güteantrags zu berufen.
BGH, Urteil vom 28.10.2015 – IV ZR 526/14
Zum Sachverhalt
Der Kl. verlangt von der Bekl., einem englischen Lebensversicherer, Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags. Diese Versicherung war Bestandteil eines Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodells. Geworben durch einen Untervermittler schloss der Kl. bei der Bekl. einen Lebensversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn zum 20.12.2001 ab. Zur Finanzierung des von ihm gezahlten Einmalbetrags iHv 383.468,90 Euro schlossen der Kl. und seine Ehefrau unter Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung einen Darlehensvertrag mit einer Bank über 309.842,87 Euro ab. Zudem brachte der Kl. Eigenkapital iHv 76.693,78 Euro ein. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Der Vertrag wurde zum 20.12.2011 zur Auszahlung fällig. Der Vertragswert iHv 402.937,25 Euro wurde auf ein Konto des Kl. bei der finanzierenden Bank eingezahlt. Bis zum 22.12.2011 machte diese eine Darlehensforderung von etwa 586.000 Euro geltend. Mit Blick auf die Ablaufleistung der streitgegenständlichen Lebensversicherung reduzierte sich dieser Betrag auf etwas mehr als 200.000 Euro inklusive Zinsen. In der Folge schlossen der Kl. und seine Ehefrau mit der finanzierenden Bank einen Vergleich, nach dem noch 75.000 Euro gezahlt werden sollten und die Bank im Gegenzug auf 132.000 Euro verzichtete.
Der Kl. reichte über seinen Anwalt mit Eingang vom 31.12.2009 bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators R in F. einen Güteantrag ein, von dem die Bekl. mit Schreiben der Gütestelle vom 17.3.2010 unterrichtet wurde. Nachdem die Bekl. mit Schreiben vom 23.3.2010, eingegangen bei der Gütestelle am 26.3.2010, mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 20.4.2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des Kl. am 21.4.2010, das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle heißt es: „Das Verfahren endet, (…) wenn eine Partei erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird.“ Am 17.10.2012 hat der Kl. beim LG Klage eingereicht, die der Bekl. am 30.10.2012 zugestellt worden ist. Mit seiner Klage hat der Kl. ursprünglich die Zahlung von Schadensersatz iHv 192.143,83 Euro zuzüglich Zinsen, die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten sowie die Feststellung, dass die Bekl. auch verpflichtet sei, ihm zukünftig entstehende Schäden im Zusammenhang mit dem Abschluss des streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrags zu ersetzen, verlangt.
Das LG Heilbronn (Urt. v. 30.4.2014 – LGHEILBRONN Aktenzeichen 4O17012 4 O 170/12) hat die Klage wegen Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche abgewiesen. Das OLG Stuttgart (Urt. v. 24.11.2014 – OLGSTUTTGART Aktenzeichen 7U10114 7 U 101/14) hat der Klage größtenteils – mit Ausnahme von entgangenem Gewinn und einem Teil der Zinsen und Rechtsanwaltskosten – stattgegeben. Dagegen wandte sich die Bekl. mit ihrer Revision. Mit seiner Anschlussrevision begehrte der Kl. weiteren Schadensersatz, soweit das BerGer. ihm seinen Zinsanspruch abgesprochen hat. Revision und Anschlussrevision hatten Erfolg und führten zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
Aus den Gründen
[8][– ][9]I. Das BerGer. hat einen Anspruch des Kl. auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens bejaht.
Die Bekl. habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, da sie dem Kl. bei Vertragsschluss weder durch ihr Prospekt- und Informationsmaterial noch im Rahmen eines persönlichen Gespräches das Glättungsverfahren und die damit zusammenhängende Reservenbildung im Rahmen der nach dem With-Profit Funds organisierten Police sowie deren Folgen klar vor Augen geführt habe. Diese Pflichtverletzung sei für die Anlageentscheidung des Kl. kausal gewesen. (Die weitere Zusammenfassung der Begründung des BerGer. ist abrufbar unter BeckRS 2015, BECKRS Jahr 18766.)
[10]Der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei auch nicht kenntnisunabhängig verjährt. (…) Das vom Kl. eingeleitete Güteverfahren habe jedoch eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt. (…) Danach ergebe sich ein Hemmungszeitraum von 294 Tagen, was gem. § BGB § 209 BGB zu einem Hinausschieben der Verjährung bis zum 20.10.2012 geführt habe. Die am 17.10.2012 per Telefax eingereichte und am 30.10.2012 zugestellte Klage sei daher unter Heranziehung von § ZPO § 167 ZPO noch vor Eintritt der Verjährung erhoben worden.
[11]II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
[12]1. Die Revision ist insgesamt statthaft, § ZPO § 543 ZPO § 543 Absatz I Nr. ZPO § 543 Nummer 1 ZPO.
[13]Soweit das BerGer. in den Entscheidungsgründen die Zulassung „auf die Frage des Endes der Hemmung der Verjährung bei Beendigung eines Verfahrens zur außergerichtlichen Streitschlichtung“ beschränkt hat, ist diese Beschränkung unwirksam. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist nur im Hinblick auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Streitgegenstands zulässig, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen wie zum Beispiel die Frage der Verjährung oder gar einzelne Aspekte der Verjährung (BGH, NJW 2011, NJW Jahr 2011 Seite 1227 Rn. NJW Jahr 2011 Seite 1227 Randnummer 11 mwN).
[14]Die unwirksame Beschränkung führt dazu, dass das Urteil in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist (BGH, NJW 2003, NJW Jahr 2003 Seite 2529 = VersR 2003, VERSR Jahr 2003 Seite 1396).
[15]2. Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
[16]a) Dessen Feststellungen zu Grund und Höhe des zuerkannten Anspruchs lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit erhebt die Revision auch keine Angriffe.
[17]b) Zu Recht beanstandet die Revision dagegen die Ausführungen des BerGer. zur Verjährung.
[18]Dabei geht dieses noch zutreffend davon aus, dass die zehnjährige Verjährungsfrist am 1.1.2002 zu laufen begonnen hat und deshalb zum Jahresende 2011 ablief (hier am 2.1.2012, weil der 31.12.2011 ein Samstag war), sofern nicht vorher eine Hemmung der Verjährung eintrat. Dies folgt aus Art. EGBGB Artikel 229 § EGBGB Artikel 229 § 6 EGBGB Artikel 229 § 6 Absatz IV 1 EGBGB. Nicht ausreichend sind jedoch die Feststellungen dazu, dass der Güteantrag des Kl. eine Hemmung der Verjährung nach § BGB § 204 BGB § 204 Absatz I Nr. BGB § 204 Nummer 4 BGB bewirkt habe.
[19]aa) Keinen Bedenken begegnet es allerdings, dass das BerGer. eine hinreichend genaue Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs in dem gestellten Güteantrag angenommen hat.
[20](1) Damit die Verjährung eines Anspruchs durch einen Güteantrag gehemmt werden kann, muss dieser Anspruch in dem Antrag ausreichend individualisiert sein. Ohne diese Individualisierung tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (BGH, NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 2407 Rn. NJW Jahr 2015 Seite 2407 Randnummer 17 mwN).
[21]Dazu muss der Güteantrag zum einen die formalen Anforderungen erfüllen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden, und zum anderen für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (BGH, NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 2407 Rn. NJW Jahr 2015 Seite 2407 Randnummer 21 f.). Der Güteantrag muss dementsprechend einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Allerdings sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt – anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren – auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Streits ab und führt erst im Fall einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ ZPO § 794 ZPO § 794 Absatz I Nr. ZPO § 794 Nummer 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (BGH, NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 2407 Rn. NJW Jahr 2015 Seite 2407 Randnummer 23 f. mwN).
[22](2) Den so beschriebenen Anforderungen genügte der im Streitfall gestellte Güteantrag des Kl.
[23](a) Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sich einige wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands (Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs) hier nicht in dem Güteantrag selbst befanden, sondern lediglich in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben, das dem Antrag beigefügt war.
[24]Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein einzelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Ast. gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag ausdrücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde; es wäre demgegenüber bloßer Formalismus und würde lediglich unnötige Schreibarbeit erfordern, wenn man die Übernahme der entsprechenden Textpassagen aus dem beigefügten Schreiben in den Antrag selbst verlangte (vgl. Assies/Faulenbach, BKR 2015, BKR Jahr 2015 Seite 89 [BKR Jahr 2015 95]).
[25](b) Inhaltlich waren die Angaben in dem Güteantrag und dem beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreiben ausreichend.
[26]Zwar ist in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen und die Zeichnungssumme mitzuteilen, sondern auch der (ungefähre) Beratungszeitraum anzugeben und der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen (BGH, NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 2407 Rn. NJW Jahr 2015 Seite 2407 Randnummer 25), und im Streitfall fehlen Angaben zum Beratungsgespräch, das dem Vertragsabschluss zu Grunde liegt. Das ist aber unschädlich, weil es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung, sondern um einen solchen wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklärung über Besonderheiten des von der Bekl. angebotenen Versicherungsprodukts geht, der nicht unmittelbar vom Verlauf des Beratungsgesprächs abhängig ist und allein hierauf gestützt wird. Eine Anlageberatung war von der Bekl. unstreitig nicht geschuldet.
[27]Im Übrigen ist den skizzierten Anforderungen durch die Beifügung des an die Bekl. gerichteten Anspruchsschreibens vom 26.12.2009, in welchem Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden, Genüge getan. Hierdurch wurde es der Bekl. problemlos möglich, den Streitfall zuzuordnen und zu erkennen, welcher Anspruch gegen sie geltend gemacht wird. Ebenso war dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (BGH, NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 2407 Rn. NJW Jahr 2015 Seite 2407 Randnummer 25).
[28]Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit auch von demjenigen, der dem Urteil des BGH vom 20.8.2015 (NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 3297 = WM 2015, WM Jahr 2015 Seite 1807) zu Grunde lag. Anders als dort (vgl. dazu BGH, NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 2407 Rn. NJW Jahr 2015 Seite 2407 Randnummer 22) war hier bereits dem Güteantrag selbst zu entnehmen, dass der Abschluss der Lebensversicherung als Teil eines Kapitalanlagemodells erfolgte, in dem zur Einzahlung in den Lebensversicherungsvertrag ein Darlehen aufgenommen wurde, mithin eine Fremdfinanzierung vorlag (S. 2 III des Antrags) und dass der Erblasser unter anderem die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten und den Ersatz des daraus resultierenden Aufwands in Form von Zinszahlungen und Tilgungsaufwand begehrte (S. 3 IV). Jedenfalls die Größenordnung der insoweit verfolgten Ansprüche ergab sich zudem aus den Angaben zum Schaden auf S. 7 des beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreibens.
[29]Auch soweit Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten der Bekl. unter Umständen vom – im Güteantrag nicht mitgeteilten – Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängig sein können, ist dessen fehlende Angabe im Güteantrag hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Bekl. konnte den Zeitpunkt der an sie gerichteten Antragstellung ohne Weiteres auf Grund der ihr mitgeteilten Policennummer ermitteln. Die Gütestelle wiederum war für einen möglichen Einigungsvorschlag ohnehin auf die Stellungnahme der Bekl. zum Güteantrag angewiesen, der sie entnehmen konnte, welchen der geltend gemachten Pflichtverletzungen die Bekl. mit welchen tatsächlichen Behauptungen entgegentreten wollte.
[30]bb) Das BerGer. hat für den Beginn des eventuellen Hemmungszeitraums auch zu Recht und mit zutreffender Begründung auf den 31.12.2009 abgestellt, obwohl die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags erst am 17.3.2010 erfolgte. Da die Bekanntgabe hier noch „demnächst“ iSv § ZPO § 167 ZPO erfolgte, wirkte sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, § BGB § 204 BGB § 204 Absatz I Nr. BGB § 204 Nummer 4 Hs. 2 BGB. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
[31]cc) Zu Recht beanstandet sie aber, dass das BerGer. nicht ausreichend geprüft hat, ob im Streitfall die Einreichung des Güteantrags einen Rechtsmissbrauch des Güteverfahrens darstellt, was einer Hemmung der Verjährung entgegenstünde.
[32](1) Anders als die Revision meint, stellt es allerdings keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbevollmächtigen des Kl. insgesamt 904 gegen die Bekl. gerichtete Güteanträge gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben. Dies ist im Rahmen sinnvoller Prozessführung nicht zu beanstanden, weil es einer sachgerechten Erledigung eher förderlich sein kann, wenn gleichgelagerte Parallelfälle an derselben Stelle erörtert und gegebenenfalls verhandelt werden. Die Prozessbevollmächtigen des Kl. waren daher nicht gehalten, die Güteanträge auf unterschiedliche Gütestellen zu verteilen, nur um deren Arbeitsbelastung gering zu halten. Vielmehr lag es im Aufgabenbereich der Gütestelle, ihre Arbeitsabläufe auch bei zahlreichen weitestgehend gleichlautenden Eingängen zu organisieren.
[33](2) Es ist auch grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (BGHZ 123, BGHZ Band 123 Seite 337 [BGHZ Band 123 345] = NJW-RR 1993, NJW-RR Jahr 1993 Seite 1495).
[34](3) Hiervon ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn schon vor der Einreichung des Güteantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. In einem solchen Fall ist von vornherein sicher, dass der Zweck des außergerichtlichen Güteverfahrens – die Entlastung der Justiz und ein dauerhafter Rechtsfrieden durch konsensuale Lösungen (BT-Drs. 14/980, 1 u. 5) – nicht erreicht werden kann, weshalb sich eine gleichwohl erfolgte Inanspruchnahme der Gütestelle als rechtsmissbräuchlich erweist. Als Rechtsfolge einer derartigen missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verfahrens ist es dem Gläubiger gem. § BGB § 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verjährung durch Bekanntgabe des Güteantrags zu berufen (vgl. BGH, NJW 2015, NJW Jahr 2015 Seite 3162 = WM 2015, WM Jahr 2015 Seite 1559 Rn. WM Jahr 2015 Seite 1559 Randnummer 23 mwN [für Hemmung durch Mahnverfahren]).
[35]Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestands hat die Bekl. unter Beweisantritt schlüssig vorgetragen. Sie hat behauptet, den Prozessbevollmächtigten des Kl. sei schon vor Einleitung des Güteverfahrens bekannt gewesen, dass die Bekl. zu einer gütlichen Einigung nicht bereit ist. Sowohl im Rahmen eines Gesprächs zwischen der Anwaltskanzlei des Kl., der Bekl. und einem Vertreter der Bekl. im Oktober 2008 als auch bereits im Vorfeld dieser Besprechung habe die Bekl. deutlich gemacht, dass eine gütliche Einigung nicht in Betracht komme und angesichts der Vielzahl von Verfahren keine außergerichtlichen Lösungsmöglichkeiten bestünden. Dies sei den Prozessbevollmächtigten des Kl. somit bekannt gewesen.
[36]Das BerGer. ist diesem Vortrag bislang nicht nachgegangen und hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Aus diesem Grunde ist die Sache an das BerGer. zurückzuverweisen. Sofern das BerGer. kein rechtsmissbräuchliches Verhalten feststellen sollte, wird es im Weiteren die Grundsätze des Senatsurteils in der Sache BGH Aktenzeichen IV ZR 405/14 vom heutigen Tag (NJW 2016, NJW Jahr 2016 Seite 236 [unter Nr. 5 in diesem Heft]) zu beachten haben.
[37]3. Die Anschlussrevision ist ebenfalls begründet. Die Abweisung des vom Kl. verfolgten weitergehenden Zinsanspruchs kann nicht bereits unabhängig vom Hauptanspruch Bestand haben.
[38]Die Anschlussrevision macht zu Recht geltend, dass die Bekl. mit Schreiben vom 7.1.2010 – mit dem sich das BerGer. nicht befasst hat – die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat, so dass sie auch ohne Mahnung in Verzug geraten ist, § BGB § 286 BGB § 286 Absatz II Nr. BGB § 286 Nummer 3 BGB. In diesem Schreiben hat die Bekl. die geltend gemachten Ansprüche bestimmt und ohne Einschränkung zurückgewiesen.