Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) darf nicht ohne Einwilligung empfangsbereit geschaltet werden
„Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ermöglicht Rechtsanwälten die sichere elektronische Kommunikation mit der Justiz und untereinander. Ab dem 1. Januar 2016 wird jeder in Deutschland zugelassene Rechtsanwalt über ein solches elektronisches Postfach erreichbar sein. Rechtliche Grundlage für das beA ist das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (ERV-Gesetz).“
So heißt es jedenfalls auf der eigens dafür einegerichteten Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer.
Problematisch ist daran, dass die Rechtsanwaltskammern der Länder gemäß § 31a BRAO die Postfächer für alle dort zugelassenen Rechtsanwälte einrichten und sogleich empfangsbereit schalten wollen. Das bedeutet, dass dort Nachrichten für den Rechtsanwalt eingehen können, ohne dass der Rechtsanwalt die Möglichkeit hat, hiervon Kenntnis zu nehmen und ohne dass der Rechtsanwalt die Freischaltung beauftragt hatte. Dies hat wiederum zur Folge, dass der Rechtsanwalt höheren Haftungsrisiken ausgesetzt ist.
Der Anwaltsgerichtshof Berlin hat in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) im Juni 2016 untersagt, die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (beA) für die Antragsteller ohne deren Zustimmung empfangsbereit einzurichten.
Die BRAK hatte angekündigt, die Postfächer so zu konstruieren, dass ohne eine weitere Mitwirkung der Postfachinhaber Nachrichten dort eingehen können. Mehrere Rechtsanwälte hatten sich dagegen gewandt, dass auf diese Weise faktisch die Verpflichtung zur Nutzung des beA geschaffen wird, ohne dass es eine entsprechende gesetzliche Regelung gibt. Ein Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums sieht zwar ausdrücklich eine Pflicht vor, die für die Nutzung des beA erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten und den Zugang von Nachrichten zu ermöglichen. Diese Verpflichtung soll jedoch erst ab 2018 gelten.
Das beA wird auf der anderen Seite von vielen Anwälten begrüßt und als längst überfällig angesehen, weil die Kommunikation mit den Teilnehmern des beA in der modernen Zeit mittels Fax oder Briefen als archaisch bewertet wird. Dagegen stößt die Art und Weise der Umsetzung des Vorhabens auf herbe Kritik.
Das ERV-Gesetz sieht vor, dass grundsätzlich bis zum 01.01.2018, spätestens aber zum 1. Januar 2020 alle
- Zivilgerichte
- Arbeitsgerichte
- Finanzgerichte
- Sozialgerichte
- Verwaltungsgerichte
und nach dem derzeitigen Stand der Planung ab dem 29. September 2016 für Anwälte, Schutzschriftenregister und die Rechtsanwaltskammern am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen.
Oberste Prämisse bei der Entwicklung des beA ist die Sicherheit des Systems. Durch die Verwendung neuester Authentifizierungs- und Verschlüsselungstechniken wird gewährleistet, dass sich kein Unbefugter Zugang zum Postfach verschaffen kann. Auch -so heißt es- die BRAK ist nicht in der Lage, die Inhalte zu lesen.
Daneben wurde besonderer Wert auf den einfachen Zugriff und eine hohe Nutzerfreundlichkeit gelegt: Jeder Rechtsanwalt mit einem Computer und Internetanschluss kann über einen herkömmlichen Internet-Browser oder über eine Kanzlei-Software auf das beA zugreifen. Im Aussehen ähnelt das beA gängigen E-Mail-Verwaltungssystemen mit der von dort bekannten Ordnerstruktur: Posteingang, Postausgang, Entwürfe etc.
Rechtsanwälte können Mitarbeitern oder Kollegen verschiedene Befugnisse, beispielsweise Nur-Lese-Befugnisse oder auch Versendungsbefugnisse, erteilen. So ist die kanzleitypische Arbeitsteilung auch mit der Nutzung des beA möglich.