Wenn der Rechtsanwalt plötzlich von der Klage abrät
Der Rechtsanwalt hat insbesondere vor Erhebung einer Klage zu prüfen, ob für das Verfahren hinreichende Aussichten auf Erfolg bestehen. Er könnte sich umgekehrt schadensersatzpflichtig machen, soweit er einen offensichtlich von vornherein erfolglosen Prozess führt.
Zur „Strategie“ einiger Rechtsanwaltskanzleien gehört es, massenhaft Mandate über Werbeschreiben etc. zu aquirieren, nur um gegenüber der Rechtsschutzversicherung der Mandanten oder bei diesen direkt die außergerichtliche Geschäftsgebühr abrechnen zu können. In den Werbeschreiben insbesondere im Zusammenhang mit Wertanlagen, Fondsbeteiligungen etc. werden mit den angeblich hervorragenden Erfolgsaussichten für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die finanzierende Bank oder beispielsweise den Fondsbetreiber geworben. Häufig wird dann aber nach Mandatserteilung nur ein standardisiertes Anspruchsschreiben an die Gegenseite versandt und dann passier erst einmal gar nichts mehr. Droht dann die Verjährung der Ansprüche oder drängt der Mandant auf die Erhebung der Klage, so wird häufig eine weitere Mandatsbearbeitung mit dem Argument abgelehnt, ein Klageverfahren habe keine Aussicht auf Erfolg und der Anwalt rate von einer Klage ab. Dies erfolgt in einigen Fällen vor allem deswegen, weil ein Klageverfahren mit deutlich mehr Aufwand verbunden ist, als ein standardisiertes Anspruchsschreiben. Eine tatsächliche Erfassung des konkreten Sachverhalts und eine inhaltliche Prüfung des Falles haben dabei in der Regel überhaupt nicht stattgefunden.
Dabei ist der Rechtsanwalt zur Sachverhalts- und Rechtsprüfung ebenso verpflichtet, wie den Mandanten zutreffend über den sichersten und effektiven Weg zur Verfolgung seiner Rechte zu beraten. Verstößt der Anwalt hiergegen, kann er sich seinerseits schadensersatzpflichtig machen, wenn trotz des bestehens eines Anspruches des Mandanten der Anwalt keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergreift und der Anspruch deswegen dann nicht mehr durchsetzbar ist.